Blooming Headspace - Annis Migräneportrait
- andreageipel

- vor 18 Stunden
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Wie sieht Migräne aus? Diese Frage begleitet mich schon lange. Seit ich denken kann, lebe ich mit Migräne – sie gehört zu mir, mit allem, was sie bedeutet: Schmerz, Erschöpfung, aber auch Klarheit, Kreativität und Sensibilität.
Vor einiger Zeit habe ich begonnen, meine Migräne künstlerisch zu porträtieren. Ich wollte all die Bilder, Farben und Strukturen sichtbar machen, die in mir entstehen, wenn ich Migräne habe – das Chaos, die Überlagerungen, die Wucht, aber auch das Nachglühen, das Leben nach der Attacke. So sind erste Migräneportraits entstanden: gemalte Büsten, deren Köpfe sich in farbigen Explosionen auflösen, durchzogen von Linien, Rissen und Figuren. Denn Migräne hat viele Gesichter. Und genau das wollte ich zeigen.

Ein Portrait für Anni
Aber nicht nur meine Migräne hat viele Gesichter. Das Besondere bei Migräne ist, wie unterschiedlich sie bei jeder einzelnen Person sein kann. Jede:r nimmt die eigene Migräne anders war, hat unterschiedliche Symptome und Formen. Auch das wollte ich sichtbar machen.
Vor einigen Wochen habe ich deshalb Kontakt zu Anni aufgenommen. Anni ist Mitte dreißig, Mutter und spricht auf ihrem Instagram Kanal Migräne du Arsch offen über ihr Leben mit chronischer Migräne. Ihre Ehrlichkeit und Stärke beeindrucken mich sehr – sie schafft es, der Erkrankung ein Gesicht zu geben, ohne sich von ihr definieren zu lassen.
Ich habe mich riesig gefreut, dass Anni sofort zugesagt hat, als ich ihr vorschlug, ein Migräneportrait für sie zu gestalten. Noch mehr hat mich bewegt, wie offen sie war. Sie hat mir beschrieben, wie sich ihre Migräne für sie anfühlt – in Worten, die mich tief berührt haben:
„Wenn ich an mein Gehirn denke, sehe ich zwei Seiten, die sich ständig überlappen: Auf der einen Seite ist da ein kraftvolles, kreatives, feinfühliges Gehirn. (...) Auf der anderen Seite ist da die Migräne, die immer wiederkommt wie eine Welle. Ich sehe verwelkte Blumen, zerbrochene Linien, pochende Energie."
Ihre Beschreibung war poetisch, kraftvoll und schmerzhaft zugleich. Ich sah sofort Bilder vor mir: zwei Welten, die sich durchdringen – das blühende, kreative, bunte Leben und die dunklen, pochenden Wellen der Migräne.

Vom Wort zum Bild
Ich begann mit einem Aquarellentwurf, um die Farben zu finden, die zu Anni passten: kräftige Töne, Blütenfarben, aber auch Lila, Blau und Schwarz – die Farben des Schmerzes. Danach entstand die Leinwand. Zuerst legte ich die dunklen Schichten an – Risse, zerbrochene Linien, verwelkte Blumen, pulsierende Formen. Diese erste Ebene wurde zum Boden, auf dem alles andere wächst.

Darüber habe ich das Helle, das Lebendige gesetzt: Blumen, Farben, Licht. Aus einem der Risse wachsen gelbe Blüten, auf der anderen Seite sitzt Anni mit ihren Kindern und blickt einem Schwarm Vögel nach. Eine kleine Figur treibt in den blauen Wellen, umgeben von Gold, Magenta und gelben Schichten.
Ich habe mit vielen Materialien gearbeitet – Acrylfarben, Strukturpaste, Aquarellfarben, Tinten, Stiften. Jede Schicht steht für eine Facette von Migräne: das Sichtbare und das Unsichtbare, das Schwere und das Leichte, das, was bleibt, und das, was vergeht.
Verantwortung und Resonanz
Dieses Portrait zu malen war für mich eine Herausforderung. Es geht darum die Migräne einer anderen Person zu visualisieren – ihre Erfahrung, ihren Schmerz, ihr inneres Bild. Ich habe mich oft gefragt: Treffe ich Annis Vorstellung? Wird sie sich darin wiederfinden?
Aber gleichzeitig war der Prozess unglaublich bereichernd. Annis Worte haben mich daran erinnert, dass meine eigene Migräne nicht nur eine Einschränkung ist, sondern auch eine Perspektive. Sie beeinflusst, wie ich sehe, denke und arbeite – nicht nur während der Attacken, sondern immer.
"Wer wäre ich ohne meine Migräne?"
Diese Frage stelle ich mir oft. Natürlich würde ich die Schmerzen sofort abgeben. Aber Migräne prägt meine Wahrnehmung, meine Aufmerksamkeit, meine Art zu fühlen. Mein Gehirn filtert anders, sieht anders, denkt anders. Es nimmt mehr wahr – manchmal zu viel, aber eben auch intensiver. Und vielleicht liegt genau darin auch etwas Schönes: Migräne ist der Sturm, der immer wieder durchzieht – aber zwischen den Stürmen liegt so viel Farbe, Leben und Licht.

Ausblick
Mit den Migräneportraits möchte ich weiter daran arbeiten, die Vielfalt dieser Erkrankung sichtbar zu machen. Jede Migräne ist anders, jedes Gehirn fühlt anders – und jede Person hat ihre eigene Geschichte dazu. Und vielleicht ist genau das der Anfang einer neuen Form von Sichtbarkeit: einer, die nicht nur den Schmerz zeigt, sondern auch die Kraft, die darin steckt.
Wenn du selbst mit Migräne lebst und dir vorstellen kannst, dass ich ein Migräneportrait von dir gestalte, melde dich gerne bei mir. Ich möchte zeigen, wie unterschiedlich Migräne aussehen kann – wie sie uns prägt, aber auch, wie viel Stärke und Kreativität in uns steckt.
Du findest "Blooming Headspace" zusammen mit weiteren Migräneportraits in meinem Portfolio.







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